Monika Angelini über Benedetto Fellin


Benedetto Fellin malt bereits als 10-jähriger ein 7m langes Altarbild und legt damit den Grundstein zu einer religiös inspirierten Kunst, die in mythischer Form auch heute noch in seinem Werk zu finden ist.
Während seiner Ausbildung an der Kunstgewerbeschule faszinieren ihn die „Wiener Schule des Phantastischen Realismus“ ebenso wie die alten Meister wie Grünewald, Altdorfer, Breughel und Bosch. Fellins Bilder aus dieser Zeit sind hauptsächlich religiösen oder apokalyptischen Inhalts und voll manieristischer Gestik und Gestalt.

Bei Rudolf Hausner erlernt er die Komplementär-Farb-Malerei, die fortan seine bevorzugte Maltechnik wird. Er experimentiert mit der Kunst der gotischen Altarmalerei ebenso wie mit altmeisterlichen Techniken und entwickelt schon bald seinen unverwechselbaren Stil. Seine Malerei unterwirft sich nicht dem Zeitgeist der Moderne, ist im wahrsten Sinne gegenständlich, bricht jedoch mit romantischen Vorstellungen, indem sie die Welt als eine in Unordnung befindliche, „lädierte“ wie er sie nennt, zeigt.

Sein inhaltliches Interesse gilt den esoterischen Philosophien und fremden Religionen, wie etwa dem tibetischen Buddhismus. Er reist für längere Zeit nach Nepal, Indien und Afghanistan und studiert dort Menschen und Kulturen. Er nimmt Kontakt zur Kunstszene in Thailand auf, reist nach Ostafrika und Mexiko. Seine Bilder spiegeln allesamt die Erfahrungen und Gedankenwelten, denen Fellin auf seinen Reisen begegnet.

Was den Künstler antreibt, ist die ästhetische Analyse, die künstlerische Feststellung des Ist-Zustandes seiner Zeit, seiner Umwelt und seiner Selbst. Er schaut den Wirklichkeiten ins Gesicht und versucht, ihnen einen bildlichen Ausdruck zu geben. Die Erde gleicht einer restlos verlassenden Gegend wie auf dem Mond oder Mars. Wüste, Leere, Leblosigkeit und Einsamkeit beherrschen die Szenerie. Sand, Stein, Felsen, Geröll, daneben Abraum, Schutt und Schrott. Die Räume des Unheimlichen, auch des Abgestorbenen nehmen zu. Die Welt des Benedetto Fellin ist in Wirklichkeit eine Welt ohne Menschen. Sie kommen meist nur als Puppen, Apparate, Gestelle, Maschinen und Roboter vor.

Selbst die Schönen, die leicht bekleidet, sparsam entblößt oder ganz verhüllt erscheinen, sind eigentlich keine realen Menschen, sondern geschönte, idealisierte Verkörperungen, anstelle von Personen oder gar Persönlichkeiten. So sind Fellins „Verhüllungen“ als Spiel zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem auch ein zentrales Thema des Künstlers. Ähnlich wie Arnulf Rainers Übermalungen oder auch Christos dreidimensionale Verpackungen experimentiert Fellin damit, durch Verhüllung Verborgendes sichtbar, Unzeigbares darstellbar und Unsagbares deutbar zu machen. Es kann auch als Akt der Aufklärung gedeutet werden: durch das Verhüllen soll die Welt vor ihrer Entblößung bewahrt werden.

Zu seinen eindrücklichsten Werken zählen auch jene der Bergwelt des Himalaya. Besonders inspiriert hat ihn der Berg Kailash und die dort lebenden Mönche. Aus dieser Zeit stammen einige der schönsten Bilder seines Oeuvres, nicht nur was deren Äußeres angeht, sondern auch des geistigen Gehalts und Ausdrucks wegen. Es sind wuchtige, überwältigende Landschaftsbilder, farbstark und eindringlich, jenseits aller Alpen- und Bergsteigerromantik. Der Berg wird zu einem Ort der Orientierung, zur Idee des „Erhabenenen“, zur Markierung des „Über-den-Dingen-Stehens“, die Mönche geben diesen Massiven den geistigen Zusammenhalt zur Natur.

Seine geistigen und auf Reisen gewonnenen Eindrücke setzt er in einer ruhigen und ausgeglichenen Umgebung, wie zur Zeit in seinem Atelier in einem Dorf an der ungarisch-österreichischen Grenze, in seine minutiöse und zeitaufwendige Malweise um.
 

Monika Angelini 2003